Hamburger Abendblatt
Amerikahaus: Texte, Töne, Menschen
Hamburg
- "Die Wüste lebt" und trägt Früchte.
Im Amerikahaus geht seit letztem Donnerstag das siebte Festival junger Regisseure
und Schauspieler über die Bühne - eine Spielwiese für gewagte und radikale
Ideen. Am Mittwoch standen mit "Fluchtpunkt" Orientierungslosigkeit und mit
"Fürsprecher" Sprachexperimente auf dem Programm.
Experimentell, dazu aber auch noch frech und irrsinnig komisch ist die Performance
"Fürsprecher" des 27 Jahre alten Jan-Philipp Possmann. Ein Glücksgriff für
das Nachwuchsfestival. Der Theaterwissenschaftler aus Berlin setzt sich in
seinem Projekt kritisch mit dem Medium Sprache auseinander. Acht Schauspieler
präsentieren sich dem Publikum. Sie reden in Medizinerlatein, Chinesisch,
Politikerdeutsch, ostdeutschen Dialekten und in der Sprache der Taubstummen
- privat und öffentlich, intim und distanziert. Das Bühnenbild ist auf eine
Glühbirne und wenige Stühle reduziert: Nur Menschen, Texte und Töne sind hier
wichtig. Und die sind wirklich hervorragend ausgewählt. "Wir wollten über
Ihre Befunde sprechen", hört der Zuschauer und glaubt sich nach dem Vortrag
des Arztes todgeweiht. Es folgt eine gewollt misslungene Agitationsrede und
ein sehr tiefsinniger HipHop. Das lässt hoffen für die kommenden Abende -
und auf später. vlipo
by Postproduktion
Berlin, 2002