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Der Tagesspiegel
(unveröffentlichter Beitrag von Denise Dismer, Kulturredaktion Berlin)
Das Mädchen steht auf
der Bühne und redet in seiner Muttersprache; erzählt eine Anekdote: Es verknotet
seine Finger, wippt von einem Bein aufs andere, formt mit den Händen Gegenstände.
Die Asiatin wird lauter, ihre Bewegungen schneller, sie lautmalt: bong, bong!
Lustig ist die Geschichte, vereinnahmend die Mimik und Gestik der Erzählerin.
Das Publikum versteht kein Wort, lauscht aber gebannt, verfolgt jede Bewegung
der jungen Frau und lacht.
Sprache, das wird in den ersten Minuten der Inszenierung "Fürsprecher" (Regie:
Jan-Philipp Possmann) deutlich, ist eben mehr als das Verstehen von Begriffen.
Es bedeutet das sich Einlassen auf den Gesprächspartner, auf die Vielfältigkeit
der Ausdrucksformen. Laienschauspieler und Profis stehen im Theater am Halleschen
Ufer (noch heute, 20 Uhr) gemeinsam auf der Bühne, erproben die verschiedensten
Möglichkeiten von Sprache. Sie rappen, dozieren, spielen mit Floskeln, hangeln
sich über Eselsbrücken und kommunizieren in Gebärdensprache. Der Hiphoper
mit dem Glatzkopf und der blauen Sonnebrille schlackert mit seinen langen
Armen und rappt: "Man kann mit Worten die Lücken zwischen den Menschen überbrücken."
Das Mädchen aus Hongkong erzählt - jetzt auf Deutsch - Autobiographisches:
Von ihrer Verwunderung darüber, dass "Ossi" ein diskriminierendes Wort ist,
"Ostdeutsche" oder gar "Ostdeutscherin" jedoch nicht. Einige der Performer
lassen den Zuschauer die spielerische Kraft von Sprache erfahren, zum Beispiel
das rotgelockte Mädchen, das ein Märchen in Gebärdensprache erzählt: Diese
Fabel ist Tanz, Schauspiel und Pantomime zugleich. Was der Inszenierung fehlt,
ist ein roter Faden, der die einzelnen Darbietungen miteinander verknüpft.
So demonstriert sie nur den unterschiedlichen Umgang mit Sprache. Und der
kann kreativ und unterhaltsam, aber auch langatmig und referierend sein.
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